Im Tower

31. Oktober 2025

50 Jahre Apron Control: Stolzes Jubiläum und bewegte Geschichte

von Jasmin Bodmer-Breu

  • Aviatik

Seit einem halben Jahrhundert steuert Apron Control den Verkehr auf dem Boden des Flughafens Zürich. Ein Blick zurück.

Von Rollwarten im Pavillon zu lizenzierten Profis im Tower. Von Papierstreifen zu Echtzeitdaten. Von VW-Käfern zu hochdigitalisierten Arbeitsplätzen. In 50 Jahren ändert sich viel – eine Sache aber bleibt gleich: Ohne Apron Control bewegt sich am Flughafen Zürich nichts.

Unter der Kanzel des Kontrollturms, in einem unscheinbaren Büro, liegt ein Buch, vollgeklebt mit Fotos, Zeitungsberichten und Notizen. Es ist so schwer, dass man, um darin zu blättern, Platz nehmen und es auf einem Tisch oder dem eigenen Schoss ausbreiten muss. Ehemalige und aktive Mitarbeitende haben darin die Geschichte von Apron Control festgehalten. Diese Erinnerungen sind ein Schatz – und sie verdienen einen festen Platz in der lebendigen Geschichte unseres Flughafens. Hier folgt eine Zusammenfassung aus diesem Buch und Gesprächen mit ehemaligen und aktiven Apron Controllern.

Schau rein in unser Videoporträt über Apron Control mit Livia Bratschi, Sabrina Weiss, Hans Suter und Urs Enderle.

Vor 1972

Auf dem Vorfeld sind Mitarbeitende der Flugpolizei, später Verkehrsdienst, für den Rollwarteinsatz zuständig – was heute als «Follow-me-Dienste» bekannt ist. Die Marshaller erhalten ihre Einsatzbefehle von zwei Arbeitsplätzen im vierten Stock des damaligen Kontrollturms. Sie holen die Flugzeuge mit Fahrzeugen – Standard-Flotte ist der VW-Käfer – oder anderen fahrbaren Untersätzen, teils auch mit dem Fahrrad, ab und winken die Pilot:innen mit Kellen auf den Standplatz. Die Standplatzdisposition erfolgt in einem kleinen Pavillon auf dem Tarmac, laufend angepasst an den Flugplan. Der dafür zuständige Rollwart leitet zugleich die im Einsatz stehenden Marshaller.

Ab 1972:

Mit der dritten Ausbauetappe des Flughafens in den 1970er Jahren steigt die Komplexität stark an. Der Kantonsrat beschliesst die Abschaffung der Rollwarte, der Regierungsrat ordnet die Neuorganisation der «Flugsteigüberwachung» an – die Geburtsstunde von Ramp Control. Erste Ramp Controller stammen aus den Reihen der Flugpolizei und werden mit Hilfe der damaligen Radio-Schweiz AG im Eiltempo ausgebildet. Ohne die Unterstützung der Flugsicherung ist dies nicht möglich, betont ein Zeitzeuge. Besonders der für die Ausbildung delegierte Flugverkehrsleiter erwerbe sich «bleibende Verdienste».

1975: 

Am 3. November nimmt die neu gegründete Dienststelle Ramp Control im neuen Kontrollturm auf Dock B den Betrieb auf. Die Besatzung umfasst Speaker, Inbound, Outbound und Dispo. Der Speaker führt den Rollverkehr per Funk, der Dispo plant im Zweistundentakt die Standplätze. Fahrzeuge erhalten feste Fahrbahnen, und auf der Frequenz 121.75 MHz übernehmen geprüfte Ramp Speaker den Funkverkehr.

Ein Marshaller beim Einweisen einer Canadair CL-44.

Kontrollwart

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Der erste Kontrollturm des Flughafens beherbergt heute Sitzungszimmer.

Kontrollturm damals

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Legendär: Die ersten Follow-me-Fahrzeuge waren knallgelbe VW-Käfer, hier mit einer DC8.

Archiv

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Wichtigstes Arbeitsintrument der Rollwarte bzw. Marshaller: Die Signalkelle.

Velo Rollwart

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1985: 

Am 1. November eröffnet Dock A mit dem neuen, doppelstöckigen Tower: oben die damalige swiss control für den Luftverkehr, eine Etage tiefer Ramp Control für den Bodenverkehr. Die technologische Aufrüstung von Flugzeugen und Bodenstationen mit neuen Instrumenten bringt Vorteile: Auch bei praktisch null Sicht kann der Verkehr am Boden und in der Luft geführt werden. Apron Control erhält Radar- und Videosysteme zur besseren Lagedarstellung. Rollwege erhalten befeuerte Centerlines und rote Stopplinien. Der Funkcode QGO («Flugplatz geschlossen wegen ungenügender Sicht») verschwindet – und mit ihm die Jassrunden während Nebellagen. Zudem führt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) eine Lizenz für Apron Controller ein und verankert den Beruf in der Flugsicherungsverordnung.

Ab 1995: 

In den 20 Jahren seit der Gründung von Apron Control verdoppeln sich die Luftbewegungen und die Betriebsfläche am ZRH. Neue Rollwege, zusätzliche Abstellflächen und die Eröffnung des Docks E im Jahr 2003 machen die Arbeit immer komplexer. Ein Beispiel: Je nach Baustelle auf dem Vorfeld und Flugzeuggrösse bzw. Spannweite entscheidet Apron Control, ob eine Maschine selbständig rollen darf oder durch Marshaller begleitet werden muss.

2005:

Mit dem Airport Information and Management System (AIMS) kommt die digitale Zeitenwende: Dieses zentrale IT-System führt alle relevanten Informationen aus dem Flugbetrieb zusammen und verwaltet sie in einer Plattform.  Flugstreifen und Rollfreigaben laufen nun elektronisch. Zwei Jahre später wechselt die Standplatz-Disposition von Apron Control zur neuen Einheit „Airport Steering“.

2015: 

Die Organisation Apron Control wird neu strukturiert. Neben den klassischen Aufgaben entstehen neue Bereiche wie Sicherheit, Qualität, Dokumentation und Training. Seither arbeitet 
Apron Control hochvernetzt. Elektronische Flugstreifen, Radar, AIMS-Datenbanken und enge Zusammenarbeit mit Skyguide, Airlines und Bausicherheit garantieren Sicherheit, Effizienz und Pünktlichkeit im Flugbetrieb. 
Über all die Jahre hat sich vieles verändert – nur eines nicht: Apron Control funktioniert nur im Team. Früher halfen Jassrunden, die langen Nebelpausen zu überbrücken. Heute sind es hochgetaktete Übergaben zwischen Schichten, bei denen Informationen nahtlos fliessen müssen. Aktive und ehemalige Controller verstehen sich als Teil einer Familie, die über Generationen hinweg zusammenhält.

Das alte Dock B inklusive Tower wird im 2009 rückgebaut.

Tower Dock B

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Morgen: 

Ab 2030 ersetzt ein Neubau das bestehende Dock A mitsamt Vorfeld und Tower. Während der Bauzeit bleibt das heutige Dock A in Betrieb, parallel entsteht nördlich das neue Gebäude. Nach der Inbetriebnahme wird das alte Dock rückgebaut. Auch Apron Control zieht um – eine Standortveränderung, nicht aber eine Bedeutungsänderung: Sie ist und bleibt eine eigenständige Einheit und zentrale Schnittstelle zwischen Boden und Luft, verantwortlich für Sicherheit, Effizienz und Pünktlichkeit am grössten internationalen Landesflughafen der Schweiz.

Der aktuelle Tower auf dem Dock A wird seinerseits voraussichtlich 2030 ersetzt.

Tower heute

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Glossar zur Geschichte

Flughafen Zürich AG besteht seit dem 1. April 2000. Zuvor führten die Flughafen-Immobiliengesellschaft (FIG) und die kantonale Flughafendirektion Zürich (FDZ) die Geschicke des Flughafens. 
Amt für Luftverkehr: Behörde des Kantons Zürich, die früher zuständig war für die die Aufsicht und den Betrieb des Flughafens, inklusive Organisation des Vorfeldbetriebs. 
Radio-Schweiz AG: staatlich mandatierte Gesellschaft für Funkdienste, unter anderem zivile Flugsicherung.
swisscontrol: Nachfolgeorganisation der Radio-Schweiz AG im Bereich Flugsicherung. Stand Apron Control beratend zur Seite, war aber nicht bereit, die operative Verantwortung für den Vorfeldverkehr am Flughafen Zürich vom Amt für Luftverkehr zu übernehmen.
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