
05. November 2025
Die roten Riesen auf dem Vorfeld

von Micha Brandstetter
- Aviatik
Unsere Busfahrerinnen und Busfahrer bringen Reisende im Takt des Flugbetriebs zuverlässig vom Gate zum Flugzeug oder umgekehrt. Ein Blick in den Führerstand.
05:00 Uhr: In der Bushalle beim Tor 130 riecht es nach Reinigungsmittel und Diesel, während sich draussen im Morgengrauen die Silhouetten der Flugzeuge aufreihen. Busfahrerin Shehide Morina-Thaqi bereitet ihren Arbeitsplatz für die heutige Schicht vor, das Datengerät ist bereits gestartet und gibt vor, wie lange noch Zeit bleibt, bis die Disposition sie bei den Busgates B01-10 erwartet. Hier befinden sich die Büroräumlichkeiten des Bus Service und die Busse sind während der Schicht hier parkiert. Morina-Thaqi reinigt den Passagierraum und die Fahrerkabine und prüft bei der obligaten Rundumkontrolle das Fahrzeug auf Schäden. Ist alles fertig, werden Strom- sowie Luftanschluss getrennt, die Türen geschlossen, der Sitz eingestellt, das Handfunkgerät für den Fall der Fälle gecheckt und die Spiegel justiert, los geht’s: Die Passagiere können kommen. Sie ist bereit für die erste Fahrt hinaus aufs Vorfeld mit ihrem «Arbeitstier», wie Daniel Eigenmann, Leiter Bus Service, die 37 Kolosse der Busflotte liebevoll nennt.
Alltag im Takt des Flugplans
Mit speziellen Vorfeldbussen von Cobus Industries, welche mit ihren drei Metern Breite und 14 Metern Länge zu den grössten Fahrzeugen auf dem Vorfeld gehören, für die man einen Führerausweis der Kategorie C oder D benötigt, befördert das Team des Bus Service die abfliegenden Passagiere vom Busgate zum Flugzeug und vom Flugzeug zum Eingang in die Ankunftshallen, genannt die «Grüezi-Ankunftsgates». Im Jahr 2024 wurden so über vier Millionen Reisende in mehr als 110’000 Fahrten transportiert, eine logistische Meisterleistung. «Flexibilität wird bei uns gross geschrieben. Die eigentliche Routine wird immer wieder durcheinandergewirbelt. Es gibt viele Faktoren, die wir nicht selbst beeinflussen können. So etwa Gewitter, die zu Handlingstopps führen», berichtet Eigenmann.
Shehide Morina-Thaqi vor einem Teil der Flotte des Bus Service.

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Schweizer Hochpräzisionsuhrwerk hinter den Kulissen
Hinter jeder pünktlichen Fahrt steht ein eingespieltes System: Vier Instruktoren bilden neue Mitarbeitende aus, eng abgestimmt mit dem Fahr- und Sicherheitsinstruktor, Andreas Mock, der alle Prozessänderungen von Baustellen bis geänderter Verkehrsführung ins Team trägt. Die Dienstplanung und Disposition unter der Leitung von Sabine Müller balanciert betriebliche Erfordernisse und Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Fünf Gruppen- und Schichtleiterinnen und -leiter betreuen je zehn bis fünfzehn Chauffeurinnen und Chauffeure und lösen Herausforderungen im Tagesgeschäft. Im Airport Steering, der Betriebsleitzentrale des Flughafens, koordinieren Disponentinnen und Disponenten die Einsätze live. Die Busaufträge werden dabei drahtlos an das Datengerät im Bus übermittelt und der Chauffeur oder die Chauffeurin erhält alle Informationen, die zur Abwicklung des Auftrags benötigt werden. Zusätzlich können hier Prozessstörungen wie Verspätungen beim Einchecken von Handgepäck erfasst werden, die direkt an die Disposition weitergeleitet werden. Die Passagiere erhalten über ein Infotainment-System im Bus die nötigen Informationen zu Anschlussgates oder der Gepäckausgabe. Der enge Austausch mit den zuständigen Bodenabfertigungsunternehmen und den Cabin Crews ist dafür unverzichtbar.Spezialaufträge auf Rädern
Neben den fluggebundenen Aufträgen übernimmt der Bus Service auch den separaten Transfer von Business-Class-Passagieren der SWISS, um der Premium-Kundschaft eine schnellere und exklusivere Abwicklung zu ermöglichen. Zur Flotte gehören auch vier Reisecars. Einerseits zeigen diese spezialisierten Lenkenden Gästen auf Rundfahrten mit Tour Guides von Visitor Services & Events das Gelände oder bringen Gäste annullierter Flüge zu Hotels. Andererseits stehen sie für Ausnahmesituationen bereit, etwa wenn Mitarbeitende der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Bundes zur Rega gebracht werden müssen. Auch das Care-Team der SWISS wird in zeitkritischen Situationen direkt von deren Hauptsitz an der Obstgartenstrasse zum Flugzeug gebracht. Der Bus Service kommt auch zum Einsatz, wenn die Skymetro aufgrund einer technischen oder betrieblichen Einschränkung nicht mit voller Kapazität zwischen dem Airside Center und Dock E fahren kann. Dann werden die Fluggäste mit den roten Bussen vom und zum Dock E gebracht.Mitten im Baugeschehen
Die Entwicklung des Flughafenkopfs (EFHK) bringt für den Bus Service tiefgreifende Veränderungen. Während des Baus des neuen Fingerdocks A fallen zahlreiche Dockstandplätze weg, was zu deutlich mehr Offenabfertigungen führt. Für die Chauffeurinnen und Chauffeure heisst das: Häufigere Fahrten zu weiter entfernten Standplätzen, dazu Routen, die sich durch Provisorien und Anpassungen immer wieder verändern. Um Schritt zu halten, wird die Flotte gezielt verstärkt. Neun Cobus-Fahrzeuge sind bestellt, drei davon bereits im Einsatz. Mit ihrer Inbetriebnahme erfahren auch die IT-Systeme auf allen Fahrzeugen in Upgrade. Die Tablets, die in allen Bussen vorhanden sind, ermöglichen einen beschleunigten Prozess, etwa weil die Türen nicht erst in der Führerkabine, sondern bereits auf dem Vorfeld geschlossen werden können.Strom statt Diesel
Ein nächster grosser Schritt ist die geplante Elektrifizierung der gesamten Flotte als Teil der Ambition der Flughafen Zürich AG, bis 2040 Netto-Null zu erreichen. Elektrobusse senken nicht nur den CO₂-Ausstoss, sie fahren auch deutlich leiser. Erste Tests mit einem kleineren Modell im Jahr 2024 verliefen vielversprechend. «Das Feedback war durchwegs positiv. Wir freuen uns auf darauf, den Fahrkomfort für unsere Gäste zu erhöhen», sagt Eigenmann. Parallel dazu läuft die Planung für die künftige Ladeinfrastruktur.
Schlussfahrt in den Feierabend
23:30 Uhr: Die letzte Maschine ist vor Betriebsschluss gelandet, die Scheinwerferkegel tasten über das Vorfeld, wo bereits zahlreiche Flugzeuge für die Nacht geparkt sind. Ein roter Bus rollt langsam in die Bushalle. Fahrer und Disponent Kurt Bräker von der Spätschicht stellt den Motor ab, das Radio verstummt. Noch einmal streift die Hand über das Lenkrad. Bald übernimmt die Frühschicht, wenn das erste Licht die «Arbeitstiere» wieder hinausruft.
Quelle Header-Bild: Switzerland Tourism / Dominik Baur
Kurt Bräker auf dem Weg zu den Echo-Standplätzen zur Abholung der Passagiere von einem Inbound-Flug.

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