31. Oktober 2025

Wie ein Flughafen von Grund auf entsteht

von Jasmin Bodmer-Breu

  • Aviatik

Vom grünen Feld zum internationalen Drehkreuz: Am Beispiel des Noida International Airports in Indien zeigen wir, was es braucht, um einen Flughafen zu planen, bauen und betreiben.

Die Flughafen Zürich AG hat national und international einen hervorragenden Ruf als Flughafenbetreiberin und viel Erfahrung in der Privatisierung von Flughäfen. Das in Zürich aufgebaute Wissen wird über Tochtergesellschaften und Konzessionen in Flughafenprojekte im Ausland eingebracht. Der Fokus liegt dabei auf dem Bau und Betrieb von Flughäfen in Lateinamerika und aktuell auch wieder in Indien.

Welche Faktoren für eine erfolgreiche Planung, den Aufbau und Betrieb wichtig sind, zeigt das Beispiel des aktuellen Grossprojekts Noida International Airport. Es braucht Folgendes:

Markt: Boomende Luftfahrtindustrie in Indien

Indien ist einer der am schnellsten wachsenden Luftfahrtmärkte der Welt. Gründe dafür sind die steigende Kaufkraft, eine junge, reiseaffine Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht. Die drei grossen indischen Airlines haben derzeit rund 1’500 Flugzeuge bestellt. Jährlich kommen neue Verbindungen, Fluggesellschaften und Flughäfen hinzu – das macht Indien zu einem Schlüsselland für Investitionen in moderne Flughafeninfrastruktur.

Die Luftfahrt entwickelt sich rasant.

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Standortwahl: Nähe zu Menschen und Märkten

Der Noida International Airport entsteht im Grossraum Delhi auf einem neu erschlossenen Gebiet direkt am Yamuna Expressway – nur 25 Minuten von der Wirtschaftsregion Greater Noida entfernt und nahe bei touristischen Zielen wie dem Taj Mahal in Agra. Das Gelände umfasst 1'334 Hektaren. Als Greenfield-Projekt wird der Flughafen auf unbebautem Land errichtet. Ideal ist ein Standort mit grossem Einzugsgebiet, wenig Besiedlung, flacher Topografie und gutem Baugrund. Das Land wurde durch die Konzessionierungsbehörde bereitgestellt.

Der Greenfield-Airport wurde von Grund auf gebaut und liegt nahe bei touristischen Zielen wie dem Taj Mahal.

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Konzession: Rechtliche Sicherheit und klare Vorgaben 

Die Flughafen Zürich AG besitzt im Ausland keine Flughäfen im rechtlichen Sinn, sondern Konzessionen für die Entwicklung, den Bau und Betrieb. Solche Konzessionen werden in der Regel von staatlichen Behörden öffentlich ausgeschrieben, im Rahmen eines Bieterverfahrens vergeben und dauern eine fest definierte Zeit lang. Eine Konzession umfasst detaillierte Vorgaben: Sie legt die einzelnen Ausbauschritte fest, definiert verbindliche Qualitätsstandards und regelt, welche Dienstleistungen angeboten werden dürfen. Die Gebühren werden im Fall Noida von der Indischen AERA (Airports Economic Regulatory Authority) festgelegt. Die Konzession für den Noida International Airport startete im 2021 und läuft für 40 Jahre. 

 

Finanzierung: Investitionen mit Weitblick

Ein Grossprojekt wie der Noida International Airport erfordert Finanzmittel. Für die erste Bauphase investiert die Flughafen Zürich AG rund CHF 750 Millionen – die grösste Auslandsinvestition in der Firmengeschichte. 
Für die erfolgreiche Umsetzung eines Flughafenprojekts sind klare rechtliche Grundlagen und Verlässlichkeit besonders wichtig – insbesondere in einem komplexen Umfeld wie einer Public-Private-Partnership. Dank der 40-jährigen Konzession sind nicht nur der Bau, sondern auch der Betrieb langfristig gesichert – gemeinsam mit der Regierung von Uttar Pradesh und lokalen Behörden. Zur Finanzierung steuert die Flughafen Zürich AG rund CHF 300 Millionen bei. Die restlichen CHF 450 Millionen werden über eine langfristige Projektfinanzierung von indischen Banken in Landeswährung gedeckt, um Wechselkursrisiken zu verringern. 

 

Know-how: Schweizer Qualität im Betrieb

Ein Flughafen ist ein komplexes System mit vielen Schnittstellen. In Noida bringt die Flughafen Zürich AG ihr gesamtes Know-how ein – von Planung, Infrastruktur, Gepäck- und Sicherheitsprozesse über Retail- und Gastronomiekonzepte bis hin zur Nachhaltigkeit. Mehrere Schweizer Fachkräfte arbeiten direkt vor Ort. Am Noida International Airport haben der CEO, der Chief Development Officer und der Vice President für Programmmanagement & ORAT (Operational Readiness Activation & Transition) langjährige Erfahrung aus früheren Projekten der Flughafen Zürich AG am Standort Zürich oder bei den internationalen Flughafenprojekten des Unternehmens. Der gezielte Einsatz und die Zusammenarbeit von erfahrenen Mitarbeitenden aus dem In- und Ausland haben sich bereits beim ersten Flughafenprojekt in Bangalore in Indien und bei den Flughafenprojekten in Lateinamerika bewährt. Mittlerweile ist die Schweizer Expertise an unseren Standorten im Ausland so gut etabliert, dass sich die verschiedenen Flughafenprojekte gegenseitig befruchten. So hat eine Expertin für Inbetriebnahmeprozesse an den brasilianischen Flughäfen ins Noida-Team gewechselt. 

Im Noida Management Team sind mehrere Expats aus der Schweiz tätig.

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Infrastruktur: Modularer Ausbau mit Zukunft

Der Noida International Airport wird mit einer 3'900 Meter langen Start- und Landebahn (Piste 10/28) und einem Terminal in Betrieb gehen. In der ersten Phase hat diese Infrastruktur eine Kapazität für zehn Fluggastbrücken und 15 offene Standplätze. Die Inbetriebnahme erfolgt schrittweise: Zunächst starten Inlandflüge und Luftfracht, später folgen internationale Verbindungen. Schon in der ersten Ausbaustufe können bis zu 12 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden. Durch weitere Bauphasen – inklusive einer zweiten Piste – lässt sich die Kapazität langfristig auf bis zu 70 Millionen Passagiere erhöhen.

Verschiedene Bauetappen auf dem Weg zur Fertigstellung.

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Menschen: Gemeinsam bauen und betreiben

In der intensivsten Bauphase arbeiten rund 9'000 Menschen gleichzeitig auf der Baustelle des Noida International Airport. Zusätzlich sind etwa 480 Fachkräfte in Planung, Technik und Verwaltung im Einsatz – bei der Betreiberin, der Bauherrenberatung und weiteren Partnerfirmen im Einsatz.

Impressionen vom Baubetrieb und verschiedenen Testphasen.

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Lizenz: Der Schlüssel zum Betrieb

Die Aerodrome Licence ist die offizielle Betriebserlaubnis für einen Flughafen. Dafür sind zahlreiche Genehmigungen nötig – etwa von Verteidigungs-, Innen- und Umweltministerium oder lokalen Behörden. Parallel prüft die indische Zivilluftfahrtbehörde DGCA (vergleichbar mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt in der Schweiz) alle technischen Anlagen, Betriebsabläufe, Dokumentationen und das Sicherheitsmanagement. Erst wenn alle Vorgaben erfüllt sind, wird die Lizenz erteilt und darf der kommerzielle Flugbetrieb starten. Auch nach der Eröffnung kontrolliert die DGCA regelmässig, ob Sicherheit und Ordnung eingehalten werden.

 

Betreiberin: Verantwortung und Steuerung

Für den Bau und Betrieb des Noida International Airport wurde Yamuna International Airport Private Limited (YIAPL) gegründet – eine 100-prozentige Tochter der Flughafen Zürich AG. Gemeinsam mit der Regierung von Uttar Pradesh setzt YIAPL das Public-Private-Partnership-Projekt um. Neben Noida betreibt die Flughafen Zürich AG auch Flughäfen in Lateinamerika und der Karibik.

 

Partner: Airlines, Logistik und Services

Ein Flughafen funktioniert nur mit starken Partnern. Für Noida gibt es bereits Absichtserklärungen mit IndiGo und Akasa Air, zwei der grössten Airlines Indiens. Gleichzeitig entstehen Strukturen, um den Flughafen von Beginn an als Cargo-Hub zu etablieren. Wichtige Dienstleistungen wie Treibstoffversorgung, Ground Handling oder Catering werden über Sub-Konzessionen an spezialisierte Partnerfirmen vergeben. 

 

Name: Bedeutung und Standortbezug

Der Noida International Airport wird den Grossraum Delhi und den Westen von Uttar Pradesh mit Städten in Indien und der Welt verbinden. Seine Codes lauten VIND (ICAO) und DXN (IATA). DXN deutet auf die Verbindung «Delhi meets Noida» beziehungsweise «Delhi connected with Noida» hin. Da der Flughafen im Bezirk Jewar liegt, wird er umgangssprachlich manchmal auch «Jewar International Airport» genannt. Offiziell heisst er jedoch Noida International Airport. Ganz ähnlich ist es beim Flughafen Zürich, der auf Klotener Boden steht und manchmal von der lokalen Bevölkerung als «Flughafen Kloten» bezeichnet wird.

Visualisierungen des Noida International Airports.

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