Passagierbrücke

27. November 2025

«Abflugpunkt Zukunft – was uns Flughäfen über die Schweiz lehren»

  • Politik

Gastbeitrag von Sabine Keller-Busse, President UBS Switzerland

Flughäfen sind die letzten Orte, an denen man das 21. Jahrhundert wirklich anfassen kann. Hier trifft sich die Welt auf wenigen Quadratkilometern: Sprachen, Technologien, Emotionen, Zeitpläne, Menschen mit Zielen. Wer hier sitzt und wartet, merkt schnell: Globalisierung ist keine Theorie, sie ist Bewegung, Takt und Improvisation zugleich.

Doch diese Erfahrung ist im Umbruch. Nationalstaatlichkeit und Blockbildung kehren zurück. Ein Flughafen wie Zürich wird damit zu einer Bühne, auf der die Widersprüche unserer Zeit sichtbar werden: der Wunsch nach Offenheit und zugleich nach Sicherheit. Er zeigt uns, wie sehr Vertrauen, Vernetzung und Pragmatismus zusammengehören.

In der Finanzwelt sprechen wir von Resilienz, Diversifikation, Nachhaltigkeit. Am Flughafen sieht man, wie das konkret funktioniert. Jeder Start, jede Landung ist eine Übung in Vertrauen und Präzision. Auch bei uns im «UBS-Tower» ist Vertrauen die Basis jeder Kundeninteraktion und Präzision der Leitfaden für jede unserer Handlungen. Was der Flughafen für die Mobilität ist, ist der Finanzplatz für die Wirtschaft: ein Knotenpunkt von Strömen – von Menschen, Kapital, Ideen. Beide Systeme leben von der gleichen stillen Abmachung: Bewegung ist kein Selbstzweck, sie soll Sinn stiften. Der Flughafen ist deshalb kein Symbol eines Problems, sondern ein Modell, wie man Offenheit verantwortungsvoll organisiert.

Unsere Zeit hat ein kompliziertes Verhältnis zur Offenheit. Wir wollen global sein, aber bitte ohne Abhängigkeiten; vernetzt, aber ohne Risiko; agil, aber unter Kontrolle. Diese Widersprüche machen die Gegenwart anstrengend – aber auch spannend. Ein Flughafen zwingt uns, sie auszuhalten. Vielleicht sollten wir ihn nicht länger nur als Infrastruktur sehen, sondern als Denkraum. Ein Ort, an dem die Schweiz sich mit ihrer Zukunft beschäftigt: Wie viel Bewegung verträgt Nachhaltigkeit? Wie viel Offenheit passt zu Sicherheit? Wie viel Geschwindigkeit zu Stabilität?

Wir bei UBS erleben täglich: Die Zukunft lässt sich nicht kontrollieren, nur gestalten. Und der Flughafen ist, wenn man so will, die eleganteste Art, Ungewissheit zu organisieren. Wenn wir über Standortpolitik reden, sollten wir also nicht über Terminals sprechen, sondern über Haltung. Ein Land, das seine Verbindungen einschränkt, verliert nicht nur Flugrouten: Es verliert den Mut zur Welt.

 

Gastautorin