Blumen

13. Juni 2025

Wachsen lassen – und dabei selbst wachsen

Micha Brandstetter

von Micha Brandstetter

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Ihr Alltag: Pflanzenpflege, kreative Gestaltung und nachhaltige Produktion. Ihr Job: Lernende Gärtnerin EFZ in der Fachrichtung Pflanzenproduktion.

Stephanie Speckhofer ist umgeben von Grün. Die Lernende im 3. Lehrjahr arbeitet aber nicht in einem botanischen Garten, sondern in der Flughafengärtnerei. Ihr Arbeitsplatz ist das Flughafenareal – drinnen wie draussen, wovon über die Hälfte aus Naturschutzgebiet besteht.

Ein Draussenkind 

„Ich hätte nie gedacht, dass ich mal zwischen Flugzeugen arbeite“, erzählt Stephie lachend. Die 20-Jährige liebt, was sie tut. Dabei hatte sie sich ihre berufliche Zukunft ganz anders vorgestellt. Nach einem gestalterischen Vorkurs und einem Praktikum als Grafikerin merkte sie: „Ich bin nicht fürs Sitzen gemacht. Ich brauche Bewegung, Abwechslung, will draussen sein und am Ende des Tages sehen, was ich mit meinen Händen geschaffen habe.“ Nach einer Schnupperlehre in der Flughafengärtnerei war für sie klar: Hier ist ihr Platz. Stephies Arbeitsgebiet ist gross: Es reicht vom Parkplatz Oberglatt bis zum Meteohäuschen, vom Werkhof- und Werftareal bis zu den Flächen bei Rega und Jet Aviation. Auch die Aussenstationen Lägern und Hohlberg gehören dazu. Es gibt auch Einsätze im Innenbereich: Dann ist Stephie zum Beispiel auf Bewässerungstour am Hauptsitz der Flughafenbetreiberin. Dort ist jeder Stock mit einer eigenen Pflanzenwelt aus einer jeweils eigenen Klimazone begrünt. Stephie beliefert aber auch die VIP-Lounge mit Orchideen oder pflegt die begrünten Innenhöfe im Dock E.
 

Lernende Gärtnerin

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Spannende Spezialaufträge 

Neben den regelmässigen Unterhaltsarbeiten gibt es Spezialaufträge, die sich nur an einem Flughafen finden lassen. Zum Beispiel die Ansaat in Pistennähe: „Damit der Wind der Flugzeuge die Samen nicht wegweht, verwenden wir einen speziellen Kleber, der das Saatgut am Boden fixiert.“ Dazu kommen aussergewöhnliche Anlässe wie Staatsbesuche: „Beim Staatsbesuch aus Tschechien im November 2024 haben wir den Blumenschmuck für die offiziellen Räume gestaltet“, erzählt Stephie stolz. Dekorationen für Erstflüge neuer Airlines oder die Generalversammlung der Flughafen Zürich AG sind ebenfalls Teil ihrer Arbeit. 

Teamspirit, Technik und viel Fachwissen

„Wir übernehmen hier alles vom Säen, Pikieren und Topfen bis zum Kultivieren, Ausliefern und Einpflanzen“, erklärt Tamara Senn, Leiterin der Flughafengärtnerei und Berufsbildnerin. „Was wir machen, ist echte Produktionsgärtnerei, aber mit den Besonderheiten eines Betriebs, der rund um die Uhr funktioniert. Da müssen wir schnell umdenken können.“ Die Tätigkeiten sind nicht nur vielseitig, sondern auch technisch anspruchsvoll. „Wir arbeiten mit GPS-gesteuerten Rasenrobotern, das Giesssystem im Gewächshaus läuft mit Regenwasser in einem geschlossenen Kreislauf, wir setzen Nützlinge gegen Schädlinge ein und verzichten auf Torf“, betont Tamara. „Die Natur ist unser kostbares Hab und Gut. Wir müssen Sorge zu ihr tragen und die Nachhaltigkeit und Biodiversität fördern.“ Wichtig ist auch die Theorie: „In der Berufsschule lernen wir nicht nur, wie gepflanzt wird, sondern auch die lateinischen Pflanzennamen“, erzählt Stephie. „Am Anfang war das eine Herausforderung, aber mit der Zeit macht es Spass, wenn ich die Bedeutungen herleiten kann.“

Gärtnerei

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Kundenkontakt macht Freude 

Neben der Arbeit an Pflanzen gehört auch der Kundenkontakt zur Ausbildung. Während eines externen Arbeitseinsatzes im Rahmen der Ausbildung entdeckte Stephie, wie sehr ihr auch der direkte Kundenkontakt liegt: „Ich liebe es, über Pflanzen zu sprechen. Weil meine Begeisterung echt ist, muss ich niemanden überreden. Die Käuferinnen und Käufer spüren, dass ich dahinterstehe.“ Diese Kenntnisse kann sie auch im kleinen Laden der Flughafengärtnerei anwenden. Auch die Berufsschule begeistert sie. „Ich hatte noch nie so viel Spass beim Lernen wie jetzt; und auch so gute Noten“, erzählt sie. 

Kreativität trifft Verantwortung

Besonders Freude bereiten ihr die kreativen Aufgaben. „Ich liebe es, Schalen zu bepflanzen, Dekorationen zu gestalten, besonders in der Weihnachtszeit. Dann basteln wir Kränze, schmücken Bäume, machen Gestecke. Da kann ich meine kreative Seite ausleben.“ Ein Höhepunkt ihrer Ausbildung war ihre Vertiefungsarbeit: The Living Dress, ein tragbares Blumenkleid, das saisonal neu bepflanzt werden kann, mit Schmuck aus Blüten. Für diese Arbeit erhielt sie einen Sonderpreis der Gewerblichen Berufsschule Wetzikon. Natürlich gibt es auch anstrengende Tage, gerade wenn es regnet oder kalt ist. Doch Stephie weiss, warum sie morgens aufsteht: „Ich geniesse es jeden Tag, den Sonnenaufgang zwischen den Flugzeugen zu beobachten und so nah an ihnen zu sein. Das ist ein unglaubliches Gefühl.“

Abschlussprojekt

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Tamara Senn, Leiterin der Flughafengärtnerei und Berufsbildnerin war auch schon in unserem Podcast STARTKLAR zu Gast. In der Folge erzählt sie, warum der grüne Daumen allein nicht reicht, welche Pflanzen robust sind und wo überall am Flughafen die Pflanzenwelt der Flughafengärtnerei anzutreffen ist.
 
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