Luftbild Flughafen Zürich

27. November 2025

Finanzierung von Erdbebenschäden: Sonderfall kritische Infrastrukturen

von Mario Schlegel

  • Politik

Mit einer Verfassungsänderung soll eine Solidarhaftung für die Finanzierung von Gebäudeschäden bei Erdbeben eingeführt werden. Was angesichts fehlender Erdbebenversicherungen bei privaten Haushalten das finanzielle Risiko im Schadensfall schmälert, verursacht bei kritischen Infrastrukturen Mehrkosten und behindert den Wiederaufbau. Landesflughäfen sollten deshalb von der geplanten Solidarhaftung ausgenommen werden.

Der Bundesrat möchte die finanziellen Auswirkungen von Erdbebenrisiken in der Schweiz abfedern. Weil heute nur 15 Prozent der Gebäude in der Schweiz gegen Erdbebenschäden versichert sind, sollen sich Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer im Falle eines schweren Erdbebens in der Schweiz an den Kosten der Behebung von Gebäudeschäden beteiligen. Dazu soll der Bund die Kompetenz erhalten, einen zweckgebundenen Beitrag von bis zu 0.7 Prozent des Gebäudewerts zu erheben, um Schäden solidarisch zu finanzieren. Schwere Erdbeben gehören zu den seltenen, aber grössten Infrastruktur-Risiken, denen die Schweiz ausgesetzt ist. Mit den einheitlichen Regeln und der geplanten Solidarhaftung sollen die finanziellen Verpflichtungen von privaten Hauseigentümern bei Erdbeben minimiert werden. Damit soll ein rascher Wiederaufbau ermöglicht werden.

Drohende Mehrfachbelastung

Als Betreiberin einer vom Bund konzessionierten, kritischen Verkehrsinfrastruktur besitzt die Flughafen Zürich AG rund 140 Gebäude mit einem Gesamtwert von mehreren Milliarden Franken. Sie ist finanziell also in besonderem Masse von Naturereignissen wie Erdbeben betroffen. Ein Erdbeben hätte am Flughafen Zürich aber nicht nur Schäden an Gebäuden zur Folge, sondern könnte auch einen längeren Betriebsunterbruch verursachen – mit erheblichen Auswirkungen auf Wirtschaft, Mobilität und internationale Erreichbarkeit.

Einseitige Solidarität die Folge

Unter der geplanten Verfassungsbestimmung müsste die Flughafen Zürich AG im Schadensfall für seine Gebäude Beiträge an die Solidarhaftung leisten, ohne eine angemessene Gegenleistung erwarten zu können. Denn gemäss Bundesrat liegt Zürich im Gebiet mit den grössten Erdbebenrisiken, die bei einer Wiederholung des Basler Bebens von 1356 zu Gebäudeschäden von ungefähr 45 Milliarden Franken führen würden. Demgegenüber stehen maximal 22 Milliarden Franken an Einnahmen. Mit der Fokussierung des Gesetzes auf private Haushalte muss davon ausgegangen werden, dass privatwirtschaftlich organisierte kritische Infrastrukturen wie der Flughafen Zürich lediglich zu Nettozahlern und nicht ebenfalls zu Empfängern der Solidarhaftung werden. Dies widerspricht dem Zweck dieses Gesetzes und verhindert im Schadensfall den Wiederaufbau der Infrastruktur. Zudem droht eine Ungleichbehandlung mit anderen kritischen Infrastrukturen, denn nationale Bundesbauten sollen gemäss Vorschlag von der Regelung ausgenommen sein, während kantonale Bauten mit finanziellen Unterstützungsleistungen aus der kantonalen Kasse sowie ggfs. von einem Zuschuss aus der Solidarhaftung rechnen können.

Ausnahme nötig

Die Flughafen Zürich AG spricht sich für eine Gleichbehandlung aus, sodass private Betreiber kritischer Infrastrukturen – analog zu Bundesbauten und Gebäuden mit einem Versicherungswert über 25 Millionen Franken – vom Anwendungsbereich der neuen Bestimmungen ausgenommen werden. Eine praktikable Lösung wäre, kritische Infrastrukturen mit einem Gesamtgebäudewert von über einer Milliarde Franken von der geplanten Finanzierungspflicht zu befreien. Damit würde die Solidarität gewahrt, ohne die Funktionsfähigkeit zentraler Infrastrukturen zu gefährden. Sollte entgegen der Empfehlung der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats auf das Geschäft eingetreten werden, ist eine Ausnahme für kritische Infrastrukturen angezeigt.